Timm Schaffner iGaming Experte
Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Timm Schaffner als freier Redakteur für diverse Online-Magazine und gilt als anerkannter Experte für iGaming. Zu seinen besonderen Fachgebieten zählen das deutsche Glücksspielrecht sowie internationale Entwicklungen auf dem iGaming-Markt.
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Spanien zieht die Zügel im Online-Glücksspiel weiter an: Betreiber von Glücksspielseiten und Apps müssen künftig deutliche Warnhinweise einblenden, die an die Schockbilder und Botschaften auf Zigarettenverpackungen erinnern. Ziel ist es, die Risiken von Spielsucht sichtbarer zu machen und die Verantwortung stärker auf die Anbieter zu verlagern.
Klare Botschaften statt leerer Appelle
Die neue Maßnahme basiert auf einer Novellierung des Royal Decree 958/2020, das bereits die Werbung und Kommunikation für Glücksspiel in Spanien reguliert. Künftig dürfen Betreiber nicht mehr nur mit allgemeinen Hinweisen wie „Play responsibly“ werben. Stattdessen müssen sie konkrete, datenbasierte Warntexte anzeigen, die den tatsächlichen Risiken des Glücksspiels Rechnung tragen.
Beispiele dieser neuen Pflichtbotschaften lauten etwa: „Spielsucht ist ein Risiko des Glücksspiels“ oder „Die Wahrscheinlichkeit, ein Spieler zu sein, der verliert, beträgt 75 %.“ Auch statistische Hinweise wie „Die Verluste aller Spieler sind viermal höher als ihre Gewinne“ sollen künftig gut sichtbar erscheinen – auf Login-Seiten, Werbebannern, Social-Media-Anzeigen und in mobilen Apps.
Damit geht Spanien weit über das hinaus, was andere europäische Länder derzeit fordern. Die Regierung will laut offiziellen Angaben „transparente und wirksame Kommunikation“ schaffen, um gefährdete Spieler frühzeitig zu erreichen.
Regierung betont staatliche Verantwortung
Der spanische Minister für Verbraucherschutz, Pablo Bustinduy, begründete den Schritt mit dem Ziel, die soziale Verantwortung der Anbieter zu stärken. Er erklärte, der Staat müsse „sichere Spielumgebungen garantieren“ und dürfe das Thema Spielerschutz nicht allein den Nutzern überlassen. Die neuen Regelungen sollen helfen, Ungleichheiten und soziale Schäden zu reduzieren, die mit problematischem Spielverhalten einhergehen.
Parallel dazu arbeitet die Regierung an einem Customer Service Law, das weitere Einschränkungen vorsieht. Dazu gehören strengere Vorgaben für Werbung, ein mögliches Verbot prominenter Werbegesichter und die Begrenzung von Bonusaktionen, die sich an junge Erwachsene richten. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass Glücksspielangebote in Spanien wieder an Attraktivität für besonders gefährdete Zielgruppen gewinnen.
Kritik aus der Branche
Die Branche reagierte mit deutlicher Kritik. Der Dachverband JDigital erklärte, der Vergleich zwischen Glücksspiel und Tabak sei „schwer zu rechtfertigen“. Reguliertes Online-Glücksspiel unterliege bereits hohen Auflagen und klaren Transparenzpflichten. Zudem sei es problematisch, dass die neuen Warnhinweise nicht zwischen verantwortungsvollem und problematischem Spielverhalten unterscheiden.
Man fürchte, so der Verband weiter, dass die neue Regelung das Image der gesamten Branche beschädige und zu weiterer Stigmatisierung der Spieler führen könne. Dennoch will JDigital laut eigenen Angaben den Dialog mit den Behörden suchen, um eine praxisnahe Umsetzung zu erreichen.
Ein Signal für Europa
Mit der Verschärfung des Royal Decree 958/2020 sendet Spanien ein deutliches Signal in den europäischen Glücksspielraum. Während viele Länder noch auf Selbstverpflichtung und freiwillige Hinweise setzen, macht Spanien einen Schritt in Richtung verbindlicher Aufklärungspflichten.
Das passt in die jüngere Entwicklung der nationalen Regulierung: Schon im Sommer hatte die spanische Regierung eine neue Struktur für den Online-Glücksspielmarkt vorgestellt, die den Fokus stärker auf Prävention und Spielerschutz legt.
Wie gut die neuen Tabak-ähnlichen Warnungen tatsächlich wirken, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch: Spanien übernimmt eine Vorreiterrolle in Europa – und zwingt die Glücksspielindustrie, sich neu zu positionieren.
