Suchthilfezentrum klärt über Gefahren der Glücksspielsucht auf

Im Gießener Suchthilfezentrum suchen jedes Jahr Dutzende Menschen Rat, weil sie ihr Spielverhalten nicht mehr kontrollieren können. Was für viele mit einem kleinen Gewinn und einem Gefühl des Erfolgs beginnt, entwickelt sich häufig zu einer ernsten Sucht. Die Fachkräfte des SHZ erleben täglich, wie schwer es Betroffenen fällt, sich von dieser Spirale aus Hoffnung, Verlust und Selbsttäuschung zu lösen.

Wenn der erste Gewinn zur Falle wird

Malina Subotic, Beraterin im SHZ, erlebt regelmäßig, dass der Beginn einer Spielsucht harmlos wirkt. Viele Klienten erzählen von anfänglichen Glückssträhnen, die ihnen das Gefühl geben, alles im Griff zu haben. Doch genau dieser vermeintliche Erfolg sei gefährlich. Das Gehirn verknüpfe den Moment des Gewinnens mit Freude und Belohnung, erklärt Subotic.

Aus einem kleinen Erfolg wird der Wunsch, dieses Gefühl immer wieder zu erleben. Ihr Kollege Matthias Jensen beschreibt, wie schnell daraus eine Abwärtsspirale entsteht. Viele Betroffene spielten nicht mehr aus Spaß, sondern aus Zwang. Einige berichteten sogar davon, von blinkenden Automaten zu träumen, weil sich die Geräusche und Farben tief eingeprägt hätten.

Glücksspiel allgegenwärtig

In Gießen ist der Weg zum nächsten Automaten kurz. Zahlreiche Spielhallen und Wettbüros prägen das Stadtbild, hinzu kommen Online-Angebote, die jederzeit über das Smartphone erreichbar sind. Wer versucht, sich vom Glücksspiel zu distanzieren, kämpft gegen ständige Versuchung. Jedes Jahr suchen rund 60 Menschen aus der Region Hilfe im SHZ. Die meisten sind zwischen 20 und 40 Jahre alt, vereinzelt kommen auch Jugendliche. In seltenen Fällen steht ein Kind von zwölf Jahren vor der Tür.

Für die Fachkräfte ist das ein alarmierendes Zeichen. Immer häufiger führen Computerspiele Kinder früh an Glücksspielelemente heran. In vielen Games werden sogenannte Lootboxen geöffnet, die gegen echtes Geld virtuelle Gewinne versprechen. Auch YouTuber, die solche Spiele zeigen, tragen zur Normalisierung bei. Besonders problematisch sei, dass viele Jugendliche nicht erkennen, dass sie dabei echtes Glücksspiel betreiben.

Sperren sollen Schutz bieten

Um gefährdeten Spielern eine Hürde zu setzen, können sie sich im bundesweiten Sperrsystem OASIS eintragen lassen. Wer dort registriert ist, darf weder in Spielhallen noch bei Online-Anbietern mitspielen. In Gießen sind 69 Betriebe an das System angeschlossen, darunter 16 Spielhallen, 12 Sportwettenanbieter und 41 Automatenaufsteller. Laut aktueller Statistik gibt es 437 aktive Sperren, viele davon gehen auf Eigeninitiative zurück. Etwa 20 Einträge im Jahr stammen von Angehörigen oder Freunden, die eine Fremdsperre beantragen.

Trotzdem bleibt das System lückenhaft. Einige Spieler nutzen fremde Ausweise, andere weichen auf Online-Casinos ohne deutsche Lizenz aus. Die Wirksamkeit hängt letztlich davon ab, wie konsequent die Anbieter die Vorgaben umsetzen.

Hilfe bedeutet, Verantwortung zu übernehmen

Die Arbeit der Gießener Suchthilfe setzt auf Selbstreflexion. Beraterinnen und Berater sprechen mit den Betroffenen darüber, wie sie ihre Entscheidungen beurteilen und welche Folgen das Spielen für ihr Leben hat. „Kann ich mein Verhalten morgen noch gutheißen?“, lautet eine zentrale Frage, mit der viele erstmals ihr Handeln hinterfragen.

Ein schrittweiser Wiedereinstieg sei keine Lösung, betont Jensen. Wer abhängig ist, könne nicht „ein bisschen“ spielen. Der Weg aus der Sucht beginnt erst, wenn man sich vollständig vom Glücksspiel löst. Für viele, die Hilfe suchen, gehe es nicht um Reichtum, sondern um die Hoffnung, das Leben ein Stück besser zu machen. Doch gerade dieser Wunsch mache sie anfällig für die Verlockung des schnellen Gewinns. Das SHZ versucht, diesen Menschen einen neuen Zugang zu ihrem Alltag zu geben, ohne Automaten, ohne falsche Versprechen, aber mit einer realen Chance auf Veränderung.